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Eran Schaerf: Die ungeladene Zeugin
Erschienen 05.06.2011 auf BR Hörspiele Podcast
Mit Marina Marosch, Achim Bogdahn, Silvie Sperlich, Peter Veit / Realisation: Eran Schaerf / BR 2011 / Länge: 42'10 // "Wer? Ein israelischer Aktivist. Internationaler Presse zufolge handelt es sich jedoch um Robin Hood. Was? Ein Versuch, Militärbulldozer daran zu hindern, Häuser von palästinensischen Beduinen zu zerstören, Ausschreitung und Teilnahme an einer verbotenen Versammlung, sagt die Anklage. Wo? In Print- und Onlinemedien, teilweise auch in den von Israel besetzten Gebieten, in einem Distriktgericht in Jerusalem oder an der Grenze zwischen Märchen und Berichterstattung. Wo? In der israelischen Nachrichtenagentur gibt es keine „besetzten Gebiete“. Es gibt „verwaltete Gebiete“, „Judäa und Samaria“, „die Gebiete“ – hilfreiche Termini, um die Vorstellung zu bewahren, dass Israelis die Opfer sind und stets in Selbstverteidigung handeln. Wann? Das geht zurück auf die offiziellen Richtlinien der israelischen Rundfunkbehörde, die 1972 zusammengestellt und seitdem dreimal aktualisiert wurden. Darin wurde auch festgelegt, dass der Terminus „Ost-Jerusalem“ nicht mehr gebraucht werden darf. Wo? Das frage ich mich auch. Folgt man der israelischen Presse, darf wohl der Aktivist in den besetzten Gebieten nicht agiert haben, folgt man der internationalen Presse, wäre er in einem Volksmärchen besser aufgehoben. Wie? Er legte sich vor die Bulldozer auf den Boden. Warum? Nicht aus politischer Überzeugung, aus Anstandsgefühl, sagt er. Woher? Er kam aus dem Irak nach Israel. Hintergründe? Die Sprache bedeckt nicht genau den Bereich, den sie bezeichnet – und stellenweise bedeckt sie ihn mit mehreren Falten. Manche Termini werden gebraucht, um einen Gegenstand zu verschleiern, andere werden nicht gebraucht, um seine Existenz zu leugnen. Zusammenhänge? Perverse Verbindungen zwischen Zensur und Poesie. Nähere Einzelheiten? Einen israelischen Aktivisten als „Robin Hood der Westbank“ zu bezeichnen, setzt lediglich jene israelische Politik fort, die die Zukunft der palästinensischen Territorien als Volksmärchen erzählt, sagt Rotkäppchen in einem Interview. Wer? Rotkäppchen, die Märchenfigur. Wann? Nachdem sie begonnen hat, außerhalb von Märchenformaten zu agieren. Wo? Bereits in einer italienischen Version des Rotkäppchen-Märchens gelingt es der Protagonistin durch eine List, sich selbst zu retten, statt dem Jäger überantwortet zu sein. Als bei ihrer Animation für eine US amerikanische Action-Comedy ein Fehler auftritt, beginnt das Mädchen sich in Tagesaktualitäten einzumischen. Wie? Sie findet Gefallen an der Vorstellung, dass sie die Rolle des Opfers nicht mehr zu spielen hat. Ob sie bei dem Prozess gegen den israelischen Aktivisten die ungeladene Zeugin spielen wird, teilte der Bayerische Rundfunk nicht mit. Hört sich das wie Nachrichten an? Vielleicht ist es ein Hörspiel.“ (Eran Schaerf) Hörspiel Dauer: 00:42:28